Quick Fixes – Neuerungen in der Umsatzsteuer ab dem 1. Januar 2020
Das Bundeskabinett hat am 31. Juli 2019 ein Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften, das sogenannte „Jahressteuergesetz 2019“, auf den Weg gebracht. Hier werden auch Änderungen zur Umsetzung der sog. Quick Fixes vorgenommen. Diese Änderungen sind nun zum 1. Januar 2020 in Kraft getreten.
Was sind die Quick Fixes?
Die Quick Fixes gehören zur großen Mehrwertsteuerreform der EU, die sukzessive bis 2022 die Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) ändert. Mit den Quick Fixes werden folgende Vorschriften überarbeitet und EU-weit einheitlich geregelt:
- Regelungen für innergemeinschaftliche Lieferungen und das innergemeinschaftliche Verbringen
- EU-weite Einführung von Regelungen für Konsignationslager
- EU-weite Einführung von Regelungen für Reihengeschäfte
Im Folgenden werden die Änderungen kurz vorgestellt.
Neue Voraussetzungen für die Steuerfreiheit bei innergemeinschaftlichen (IG) Lieferungen
Nach den bisherigen Regelungen war die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt ID) lediglich eine formelle Voraussetzung für die Steuerfreiheit einer IG Lieferung. Stand fest, dass die Ware an einen anderen Unternehmer in einem anderen Mitgliedsstaat geliefert wurde, war eine fehlende oder ungültige USt ID des Warenempfängers grundsätzlich nicht schädlich für die Steuerfreiheit der Lieferung.
Nach § 6a Abs. 1 S.1 Nr. 4 UStG ist die Steuerbefreiung nunmehr zusätzlich abhängig davon, dass der Abnehmer gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige USt ID verwendet. Weiterhin setzt die Steuerfreiheit nunmehr voraus, dass der Lieferant den Umsatz rechtzeitig und korrekt in seiner Zusammenfassenden Meldung meldet. Ist dies nicht gegeben, unterliegt die Lieferung der Umsatzsteuer ohne nachträgliche Heilungsmöglichkeit.
Damit gewinnen regelmäßige qualifizierte Abfragen der Gültigkeit der USt ID erheblich an Bedeutung.
Belegnachweis für IG Lieferungen
Nach den EU-Regelungen (Art. 45a MWStVO) gilt nun eine widerlegbare Vermutungsregel für den Nachweis, dass ein Gegenstand in einen anderen Mitgliedsstaat gelangt ist. Das bedeutet, sofern bestimmte Nachweise vorliegen, wird grundsätzlich vermutet, dass die Voraussetzungen für eine steuerfreie IG Lieferung vorliegen. Die Finanzbehörde kann diese Vermutung durch konkrete Tatsachen widerlegen. Ist dies der Fall, muss der Steuerpflichtige den weiteren Nachweis für die Steuerfreiheit führen.
Ausschlaggebend für den Belegnachweis ist, ob die Transportverantwortung beim Lieferanten oder beim Empfänger liegt. Eine Unterscheidung zwischen Beförderung und Versendung erfolgt nicht mehr.
Nachweis bei Warentransport durch Lieferanten:
- Lieferer verfügt über mindestens zwei sich nicht widersprechende Belege von Personen, die von ihm und vom Erwerber unabhängig sind (zum Beispiel: unterzeichneter CMR-Frachtbrief, Konnossement, Luftfracht-Rechnung, Rechnung des Beförderers der Gegenstände) oder
- Lieferer verfügt über einen der oben genannten Belege und ein anderes Dokument:
- Versicherungspolice für Beförderung/Versendung der Gegenstände oder
- Bankunterlagen, die die Bezahlung des Versands/der Beförderung der Gegenstände belegen
- öffentliche Unterlagen wie zum Beispiel eines Notars, der die Ankunft im Bestimmungsland bestätigt oder
- Quittung des Lagerinhabers im Bestimmungsmitgliedsstaat
Nachweis bei Warentransport durch den Empfänger (Abholung):
- Der Lieferer benötigt zusätzlich zu den 2 Belegen eine schriftliche Erklärung des Empfängers, dass der Liefergegenstand von ihm oder auf seine Rechnung von einem Dritten befördert oder versendet wurde. Diese ist bis spätestens zum 10. Tag des auf die Lieferung folgenden Monats vorzulegen. Die Erklärung muss folgende Angaben enthalten (ähnlich der Gelangensbestätigung):
- Ausstelldatum
- Name und Anschrift des Erwerbers
- Menge und Art der Gegenstände
- Ankunftsdatum und –ort der Gegenstände
- Bestimmungsmitgliedsstaat
- bei Fahrzeugen die Identifikationsnummer des Fahrzeugs
- Identifikation der Person, die die Gegenstände auf Rechnung des Erwerbers entgegennimmt
Nach Art. 131 MWStSystRL ist es Sache der Mitgliedsstatten, die Nachweisführung für Steuerbefreiungen zu regeln, auch der für IG Lieferungen. Die Regelungen der MWStVO legen damit die einzuhaltende Höchstgrenze für den Belegnachweis fest. Gleichzeitig wird durch die Beibehaltung der §§ 17a und 17b als §§ 17b und 17c UStDV verbindlich festgelegt, dass der Nachweis in Deutschland auch wie bisher geführt werden kann.
Neuregelungen bei den Reihengeschäften
Nach dem neuen Absatz 6a in § 3 des UStG ist nun gesetzlich geregelt, dass nur eine der Lieferungen im Reihengeschäft die steuerbefreite IG Lieferung sein kann. Seit 1. Januar 2020 ist die Frage der Zuordnung dieser Lieferung nun einheitlich in der EU geregelt. Neu wurde dafür der Begriff des „Zwischenhändlers“ eingeführt. Dies ist ein Unternehmer in der Lieferkette, der zugleich Abnehmer und Lieferer ist. Die Neuregelungen lehnen sich an bisher geltendes deutsches Recht an:
- Liegt die Beförderung/Versendung in der Verantwortung des 1. Lieferers in der Reihe (versendet er die Gegenstände selbst oder auf eigene Rechnung durch einen Dritten) kann die steuerbefreite Beförderung/Versendung nur der 1. Lieferung zugeschrieben werden.
- Bei Beförderung/Versendung auf Rechnung des letzten Abnehmers in der Reihe kann die steuerbefreite Beförderung/Versendung nur der letzten Lieferung zugeordnet werden.
- Ist einer der Zwischenhändler innerhalb der Reihe für den Transport verantwortlich, gilt grundsätzlich die Lieferung an ihn als die bewegte Lieferung. Dies kann widerlegt werden, indem der Zwischenhändler seinem Lieferanten seine USt ID des Abgangsstaates mitteilt.
Vereinfachungsregelung für Konsignationslager
Zur Umsetzung der EU-Regelungen für Konsignationslager wurde ein neuer des § 6b ins UStG eingefügt. Dieser gilt für Warenlieferungen von einem Mitgliedsstaat (A) in ein Lager, welches sich in einem anderen Mitgliedsstaat (B) befindet.
Nach den Neuregelungen kann nunmehr eine direkte IG Lieferung von A an den Kunden im Mitgliedsstaat B angenommen werden, wenn die Entnahme der Waren aus dem Lager durch den Abnehmer innerhalb von 12 Monaten nach der Einlagerung erfolgt und die nachfolgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
- Der vollständige Name und die vollständige Anschrift des Erwerbers der Ware ist dem Unternehmer (Lieferer) zum Zeitpunkt des Beginns der Beförderung oder Versendung des Gegenstands bekannt und der Gegenstand verbleibt nach der Lieferung an den Erwerber im Bestimmungsland B.
- Der Lieferant aus A ist nicht im Zielland B ansässig.
- Der Erwerber in Land A hat gegenüber dem Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine ihm vom Bestimmungsmitgliedstaat erteilte USt ID verwendet.
- Der Lieferant erfüllt seine Aufzeichnungs- und Meldepflichten (spezielles Register beim BZSt).
Zertifizierter Steuerpflichtiger
Die zunächst auf EU-Ebene vorgeschlagenen Regelungen für einen zertifizierten Steuerpflichtigen sind nicht umgesetzt worden, werden aber weiterhin diskutiert.
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